Interview mit dem deutschen Autor und Gasthausbesitzer Joko Sander | Deutsche in Somerset West

Interview mit dem deutschen Autor und Guesthouse-Besitzer Joko Sander

"Meine Frau und ich hatten einfach Lust darauf, noch einmal ein anderes, neues Leben zu leben. Und mit Anfang fünfzig waren wir dazu bereit."

Joko Sander wuchs in einem Dorf in Norddeutschland auf.  An der Hochschule für bildende Künste in Berlin studierte er Grafikdesign. Er war dann Art Director in verschiedenen Unternehmen und Werbeagenturen, bevor er in München die Joko Sander Werbeagentur gründete. 2007 zog es ihn nach Südafrika.

Herr Sander, Anfang 2007 haben Sie Deutschland verlassen, um in Südafrika ein neues Leben zu beginnen. Warum?
Meine Frau und ich hatten einfach Lust darauf, noch einmal ein anderes, neues Leben zu leben. Und mit Anfang fünfzig waren wir dazu bereit. Und dann haben wir das gemacht.

Warum haben Sie sich damals für Somerset West entschieden? Haben Sie diese Entscheidung bereut?
Als wir vor acht Jahren nach Somerset West gekommen sind, haben wir schon auch die besondere Lage bei unserer Entscheidung berücksichtigt. Bis heute haben wir diesen Schritt nicht bereut. Ganz im Gegenteil. In den vergangenen Jahren haben wir die gute Ausrichtung sehr zu schätzen gelernt. Von Somerset West aus sind wir in 30 Minuten am Flughafen, nach Kapstadt dauert es wenige Minuten länger, die schönsten Weingüter mit all ihren verführerischen Restaurants der Spitzenklasse liegen aufgereiht wie an einer langen, appetitlichen Kette um uns herum. Das Meer ist zum Greifen nah. Wir fühlen uns mit unserer Entscheidung sehr wohl und wir haben das Gefühl, auch unsere Gäste empfinden das so und wissen die Lage ebenfalls zu schätzen.

Sie haben vor acht Jahren den Schritt vom Inhaber einer Werbeagentur zum Inhaber eines Gästehauses gewagt. War die Leitung eines Gästehauses schon immer Ihr Traum? 
Nein, davon habe ich wirklich nie geträumt. Inspiriert aber durch liebenswerte Gastgeber und deren wunderschöne Häuser während verschiedener Reisen ist der Entschluss langsam gereift, uns ein Guesthouse in Südafrika zu kaufen. Wir sind eher keine Träumer. Mögen es aber sehr, z.B. einen (Lebens-) Entwurf, auch (möglichst gut) umzusetzen.

Ihr Gästehaus heißt „La Bonne Auberge“. Was ist das Besondere an der guten Herberge?
Das Haus zieht jeden Besucher und auch uns immer noch und immer wieder mit seinem unverwechselbaren Charme sofort in seinen Bann. Wenn man es betritt, hat man praktisch keine Chance, sich dem zu entziehen. Uns ist das so schon beim ersten Besuch ergangen und hat die Entscheidung für Somerset West sehr leicht gemacht. Den Namen "La Bonne Auberge" gab es im Übrigen schon und wir fanden, wir sollten daran auch nichts ändern. Meine Frau ist ja Innenarchitektin und sie hat es im Laufe der Jahre geschafft, das Haus behutsam neu zu gestalten und seinen Charme noch weiter zum Leuchten zu bringen.

Was hat sich gesellschaftlich in diesen acht Jahren verändert?
Veränderungen sieht und spürt man überall. Die gesamte Infrastruktur wurde zur Fußball-WM 2010 ausgebaut. Das Miteinander der Menschen hat sich sehr entspannt. Die Regierung hat erkannt, dass Bildung für die Zukunft des Landes sehr wichtig ist. Die wirtschaftliche Entwicklung ist mit Einschränkungen auf einem guten Weg. Nicht ohne Grund investieren ja auch viele deutsche Unternehmen, wie z.B. BMW, in Südafrika.

Selbstverständlich hat Südafrika auch Probleme - alles geht nicht schnell genug voran. Es gibt Korruption an vielen Stellen. Nach wie vor sterben überdurchschnittlich viele Menschen an AIDS. Wir werden auch immer wieder auf die Kriminalität im Land angesprochen. Diese Themen werden uns noch lange beschäftigen und es tröstet auch nicht, wenn wir in den Medien verfolgen, was in Deutschland alles passiert.

Auf was blicken Sie persönlich mit Stolz zurück?
Wir blicken eher vorwärts und sind auf nichts besonders stolz. Südafrika hat uns mit offenen Armen empfangen und wir lieben das Land und seine Menschen. Wir haben hier sehr viel investiert. Damit meine ich aber nicht nur Geld, sondern auch Empathie und Herzblut. Viel persönlicher Einsatz wurde und wird immer noch von uns gefordert. Unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben eine vernünftige Ausbildung erhalten und wir behandeln sie, wie unsere Mitarbeiter früher in Deutschland auch. Heute freut es uns, dass sie zum Teil schon Jahre bei uns sind und gern in unserem Haus arbeiten. Unsere Gäste spüren natürlich auch, dass die Chemie stimmt, genießen ihren Urlaub und sind nach kurzer Zeit tiefenentspannt. Wir haben unheimlich viel von den Menschen hier gelernt und so viel Neues erfahren dürfen. Aber auch von unseren Gästen! Die „Welt“ aus einer anderen Perspektive zu betrachten, gibt uns sehr viel und bereichert unser Leben ungemein.

Und wollen auch nicht mehr zurück…
… zum jetzigen Zeitpunkt können wir uns nicht vorstellen, zurückzugehen, richtig! Wir haben uns ganz bewusst dafür entschieden, hier „for good“, wie man sagt, also „richtig" zu leben, unseren Lebensmittelpunkt nach Somerset West zu verlegen. Unser Haus mit dem wunderschönen Garten ist dafür der ideale Ort. Was aber die Zukunft bringt - wer will das heute sagen. Wenn die Zeit kommt, machen wir einen neuen Plan. Wir werden sehen!

„La Bonne Auberge“ ist zum Mittelpunkt Ihres Lebens geworden. Daneben sind Sie auch als Buchautor aktiv.
Das stimmt. Mein erster Roman heißt „Der Schatten des Fotografen". Die Buchvorstellung fand hier im bekannten Weingut ASARA bei Stellenbosch statt. Die inzwischen erzielte Auflage hat mich total überrascht. Ich freue mich natürlich darüber und nehme das als Ansporn, denn ich arbeite bereits an einer neuen Geschichte. Ach ja, ein großer deutscher Verlag hat dieselbe Titelformulierung Anfang dieses Jahres für ein Sachbuch verwendet. Das war nicht wirklich gut recherchiert, aber als es bemerkt wurde und sie mich um mein O.K. gebeten haben, habe ich zugestimmt.

Um was geht es genau in Ihrem ersten Roman?
Mein Roman basiert auf einer wahren Geschichte. Ein junger Deutscher geht Anfang des 20. Jahrhunderts nach Amerika, wird Priester in Texas und kümmert sich um seine Gemeinde. Nebenbei fotografiert er die Menschen und das Leben. Doch das gefällt dem Ku-Klux-Klan gar nicht. Eines Nachts wird er überfallen, geteert und gefedert. Aber er überlebt. In meinem Roman geht es um Liebe, Hass, Freundschaft und Eifersucht. Aber auch um die Magie kubanischer Zigarren, um Talentscouts für den lieben Gott und die Plattenindustrie. Es geht aber auch um den verführerischen Duft von Liebe…

Sie haben sich für Südafrika entschieden. Welche Wünsche und Erwartungen haben Sie für die nächsten Jahre?
Die NEW YORK TIMES hat Kapstadt gerade bei der Auswahl der 25 Städte, die man unbedingt besuchen sollte, an erster Stelle genannt. Kapstadt ist „World Design Capital 2014“ - mehr geht wirklich nicht! Unterschiedliche Kulturen und Religionen leben in Kapstadt ganz friedlich miteinander. Das fällt uns immer wieder angenehm auf, wenn wir in diese wunderbare Stadt kommen. Ich wünsche mir sehr, dass das noch lange so bleibt. 

von Peter Schiffer

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